Löwe und Sonne

Mit Dank an N.:

O Gott, ich bin Atheist!

Olga Ohlsson, 8b, Gymnasium Eppendorf

Als Ungläubiger muss man sich oft rechtfertigen. Das ist richtig lästig. Deshalb auf ein offenes Wort, Herr Gott

Lieber Herr Gott,

immer soll man Toleranz zeigen, als Atheist. Immer soll man sich anpassen, als Atheist. Immer soll man dir zustimmen, als Atheist. Aber nie werden wir gefragt, was wir wollen, wir Atheisten.

„Ich glaube nicht an Gott.“ Das ist ein Satz, für den man heute noch Mut braucht, um ihn sagen zu können, denn nirgendwo stößt man damit auf Verständnis.

Sofort bekommt man von allen Seiten Spott und muss sich anhören, was für eine Sünde es sei, nicht an Sie, Herr Gott, den Erschaffer der Welt, zu glauben. Das ist fast ähnlich, als würde man sagen: „Ich bin schwul.“ Man outet sich in den meisten Gesellschaften einfach mit so etwas nicht.

Die zweite Frage ist dann sofort: „Warum glaubst du denn nicht an Gott, den Allmächtigen?“ Blöde Frage. Einfache Antwort: Ich glaube nicht an Sie, Herr Gott, weil ich mir mein Leben nicht von jemandem vorschreiben lassen möchte, von dem nicht mal bewiesen ist, dass er überhaupt mal gelebt hat. Ich will der Herr über mein eigenes Leben sein.

Ich möchte nicht fünf Kinder oder Aids bekommen, weil ich mein Leben lang strikt nach den Zehn Geboten und dem Papst gelebt habe und deswegen kein Kondom benutzt habe. Ich möchte im Leben Spaß haben und auch mal Unüberlegtes tun. Ich will Sex vor der Ehe, und das nicht nur mit einem Mann. Vielleicht auch mal mit einer Frau? Na und?

Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Da wird es ja wohl möglich sein, sich selber ein Bild darüber zu schaffen, wie die Welt entstanden ist, ohne sich dabei an den Sieben-Tage-Kalender von Ihnen zu halten, Herr Gott! Kommen wir zur Toleranz. Wir sind hier in Deutschland, und man darf glauben, an was man will. Damit habe ich ja auch kein Problem, Herr Gott.

Aber ich habe ein Problem damit, dass gläubige Menschen so verbohrt sind und meinen, dass das, was sie sagen, richtig ist und nichts anderes. Dass sie die einzig Richtigen sind und das einzig Richtige tun.

Aber sie tun nicht das Richtige, Herr Gott. Immer sollen wir als Ungläubige, als Atheisten die Gläubigen um uns herum akzeptieren und tolerieren und ja den Mund halten.

Wir akzeptieren die Gläubigen ja auch, aber sie akzeptieren uns nicht.

Sie sollen doch mal darüber nachdenken, wie wir sind und wie wir uns bei ihren Angriffen fühlen, aber das ist ihnen egal. Sie sind egoistisch geworden. Durch Sie, Herr Gott! Sie mögen keine Atheisten. Und deswegen mögen uns Ihre Anhänger auch nicht.

Das steht schon in der Bibel, das sagen Sie, Herr Gott: Alle, die mir folgen, werden gesegnet und kommen in den Himmel und haben Glück bis an ihr Lebensende und blablabla.

Doch wenn wir die Seite umblättern, dann ist all der Zorn zu finden, den Sie uns entgegenbringen. Uns, die Ihnen nicht Folge leisten.

In der Bibel stehen Dinge wie: Wer mir nicht folgt, der kann sich auf etwas gefasst machen, der wird sein Leben lang nicht mehr glücklich und kommt in die Hölle.

Nicht nett, Herr Gott. Wenn Sie uns nicht mögen, ist das nicht so schlimm. Aber ich habe keine Lust mehr, die Gläubigen zu tolerieren und mich vor ihnen zu rechtfertigen, denn eigentlich müssten sich die Gläubigen vor mir rechtfertigen.

Und solange mich jemand beschimpft, weil ich Atheistin bin, werde ich zurückschimpfen. Und Sie, ihr Anführer, Herr Gott, Sie sollen uns sowieso in Frieden lassen. Denn für uns gibt es Sie gar nicht.

Viele Grüße von einer Atheistin, die es leid ist, von allen unverstanden zu sein, und nur akzeptiert und toleriert werden will

http://www.abendblatt.de/hamburg/article1761110/O-Gott-ich-bin-Atheist.html

Kommentare zu: "Ein Brief an Gott" (12)

  1. Da muss ich als Hamburger doch eine Ergänzung machen. Dieser geniale Brief wurde nicht in einer Ortschaft namens Eppendorf geschrieben, sonder in Eppendorf, einem Stadtteil Hamburgs.

    Ja Hamburgs stadtteile verbergen sich oft da, wo sie niemand vermutet.

  2. A. D. schrieb:

    Ich erinnere ungern an die INN-Deppen, aber dieser eine Typ, gläubiger Moslem, der im „Tagebuch“-Threat darüber geschrieben hat, wie er einen „halbjüdischen Agnostiker“, der das Pech hatte, mit ihm (dem gläubigen, überzeugten Moslem) in der Sauna zu sitzen, mithilfe von Suggestivfragen von der Existenz Gottes zu überzeugen versucht hat. Dem schien es einfach nicht möglich gewesen zu sein, sich umzudrehen und den „Agnostizismus“ (oder genauer Atheismus, aber er wollte eben auch die Agnostiker schlecht machen) des Anderen zu tolerieren.
    Der Brief ist m.E. darin absurd, dass er an jemanden adressiert ist, an den der Verfasser nicht glaubt.
    Gruß

    • Na ich will doch ganz stark hoffen, dass der gläubige Muslim sich nicht mit nacktem Popo in einer GEMISCHTEN Sauna aufhielt. Das mag nämlich weder Allah noch gewisse „Islamkritiker“. Ach nein, Du sprachst ja von „gläubigeR Moslem“, also war es wohl ein Mann und von daher nicht ganz so schlimm als wenn eine Frau, auch noch eine Iranerin, so unverblümt ihren Popo hinhält, damit die speichelleckenden Sabberer der männlichen Hemisphäre sich dabei einen abgeilen – denn nur DESHALB geht Mann ja dorthin – und nur eine Frau so ganz ohne Würde und allem, was eben eine „Frau“ ausmacht, auf die man nichts hält, lässt sich gern blickender Weise besabbern, deshalb geht sie ja in eine Sauna und achtet so gar nicht auf die Apartheit der Geschlechtertrennung. Auwei….:)

      Wie dem auch sei, ich denke, der arme Agnostiker, Atheist kam nach den Überzeugungskünsten des Gläubigen in eine tiefe Aufgussphase mit extra Schweiss, weil er in der Hitze der Sauna … oh, ich meine, der Debatte sicherlich 3 x so schnell ins Schwitzen kam:)

      Was den Brief allerdings angeht, halte ich ihn nicht für absurd, weil er ja EIGENTLICH auch nicht an Gott gerichtet ist, sondern viel mehr an die ach so toleranten Gläubigen – nur hat die Verfasserin wahrscheinlich schon gewusst, dass diese eh nicht hinhören (zumindest ein nicht unbeachtlicher Teil derer).

    • Eva schrieb:

      Ich denke, wir sollten nicht allzu streng sein mit der Briefeschreiberin, und auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
      Wie Shir schon schrieb, wollte das Mädchen möglicherweise gar nicht diesen Gott, von dem sie glaubt, dass es ihn nicht gibt, persönlich ansprechen, sondern Leute, die glauben, dass Gott existiert. Der Brief ist ja kein persönliches Dokument wie etwa ein Tagebucheintrag, sondern er ist im Rahmen des Projekts „Schüler machen Zeitung“ entstanden. Wir dürfen also ruhig unterstellen, dass auch der Deutschlehrer die Finger im Spiel hatte, und dass die Schüler im Rahmen dieses Projekts u.a. auch lernen sollten, wie man Sachverhalte und/oder Meinungen sozusagen „medienwirksam“ darstellt.
      Ein weiterer Punkt ist das Alter der Schülerin. Sie dürfte 14 oder 15 Jahre alt sein. In diesem Alter fahren die Gedanken Karussell – das wissen wir alle. Außerdem stellt man sich in diesem Alter auch sehr gerne gegen die im persönlichen Umfeld herrschende Meinung und gibt gerne den Rebellen.

      Aber Ihr dürft jetzt nicht denken, ich nehme das Mädchen nicht ernst. Nein, im Gegenteil. Ich bin sehr wohl überzeugt, dass sie sich eingehend mit der Frage der Existenz eines „Gottes“ beschäftigt hat. Und ich kann mir auch gut vorstellen, dass sie, wenn sie ihre Meinung sagt, immer wieder mit der Frage „Warum glaubst du nicht?“ konfrontiert wird, und dass sie es leid hat, diese Frage zu beantworten.
      Wenn ich sage „Ich habe keinen Hunger“ oder „Ich habe Durst“, dann habe ich auch keine Lust, zu begründen, warum das so ist. Es ist eben so – basta. Und genau so „ist es eben so“, dass sie nicht glaubt, dass Gott existiert.

      Ihre Ausführungen enthalten allerdings einen groben Denkfehler. Sie setzt nämlich „gläubige“ Menschen mit „religiösen“ Menschen gleich. Für sie scheint es unumgänglich, dass, wenn jemand an die Existenz eines Gottes glaubt, dieser Mensch auch einer Religion anhängen muss und die Regeln dieser Religion als gottgegeben hinzunehmen und zu beachten hat.
      Möglicherweise lehnt sie ausschließlich die religiösen Pflichten und Zwänge ab und ist sich letztendlich gar nicht sicher, ob sie an die Existenz eines Gottes glauben will oder kann, oder eben nicht.
      Möglicherweise will sie einfach zum Ausdruck bringen, dass sie sich nicht von religiösen Vorschriften einengen lassen, sondern ihr Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich leben will. Sie will sich eben von niemandem dreinreden lassen.

      Was mir nicht gefällt an dem Brief, was ich aber auch bereit bin, als altersbedingte Dünnhäutigkeit zu entschuldigen, ist die Tatsache, dass sich das Mädchen (ähnlich dem Müsli-Style) als Opfer darstellt.
      Sie schreibt beispielsweise „Wir akzeptieren die Gläubigen ja auch, aber sie akzeptieren uns nicht.“ oder „Aber ich habe keine Lust mehr, die Gläubigen zu tolerieren und mich vor ihnen zu rechtfertigen, denn eigentlich müssten sich die Gläubigen vor mir rechtfertigen.“
      Ich würde gerne von ihr wissen, warum sich die Gläubigen vor ihr rechtfertigen müssen. Hält sie sich am Ende doch für etwas Besseres. oder was könnte der Grund sein?

    • Eva, ich dachte, Du schaust gerade einen erpressten Film?? haha

      Ok, jetzt muss ich erstmal lesen, was ich da so mirnichtsdirnichts freigeschaltet habe:)

    • A. D. schrieb:

      @Shir,
      Oooh wie kannst du nur einem nicht nur gläubigen sondern auch überzeugten Moslem unterstellen, dass er eine gemischte Sauna aufsucht?! 😀 Ja ich denke auch, der Agnostiker konnte hinterher die Scherben seines Weltbilds zusammenkehren, wie der [***] ihn fertiggemacht hat 😉 . Oder zumindest hätte [***] das gern, könnte ja auch ganz anders gewesen sein…

      @Eva, 😯 dass die Schreiberin eine 14-15-jährige Schülerin ist, das überrascht mich; dafür ist der Brief top. Trotzdem bleibe ich dabei, es ist eine unfreiwillige Komik dabei, wenn sie dem Adressaten (?Gott) erzählt, dass sie nicht an ihn glaubt. Da hätte m.E. der Deutschlehrer einschreiten müssen. Wenn sie die Gläubigen gemeint hätte, hätte sie diese auch anreden können. Und wenn die ihr nicht zuhören sollten, Papier ist bekanntlich geduldig. Aber wahrscheinl. gibt es da doch diese Hemmung, dass man gläubigen Menschen ihren Glauben nicht ausreden will – also das was Eva zu kritisieren hatte.
      lg

    • Weiss nicht, A.D. Ich dachte nur, weil nicht nur manch gläubige, sondern auch überzeugte Moslems auch mal hin und wieder gern am Honig fremdländischer Bienen lecken.

  3. Eva schrieb:

    @ Shir & A.D.
    Es geht mich ja nichts an, auf welchen INNternetSeiten und in welchen INNternationalen Saunaclubs Ihr verkehrt, aber ich würde mich weigern, in eine gemischte Sauna für Müslis und Ungläubige zu gehen. Frau hat schließlich auch ihren Eschtolz.

    @ A.D.
    Die junge Briefeschreiberin geht aufs Gymnasium, das Mädchen ist also nicht auf den Kopf gefallen. Deshalb ist es auch richtig, dass sie in der 8.Klasse schon in der Lage ist, ihre Gedanken so gut zu formulieren.

    • Liebste Eva,

      ich habe ja nichts gegen Verkehre und so, aber wie in Saunas Namen kommst Du bei dem Gedanken eigentlich sofort auf INNternational? ICH schrieb nichts davon, cause I am a gooood girl!

    • A. D. schrieb:

      @Eva, das meinte ich nicht. Mit 14-15 konnte ich mich auch einigermaßen artikulieren 😳 . Aber dass jemand in dem alter schon eine so gefestigte Meinung hat, hat mich überrascht; entspricht nunmal nicht meiner Erfahrung. dDaher erlaube ich mir, überrascht zu sein 😛

      …Shir, stimm auch wieder, zumal gerade in islamisch geprägten Ländern Pornographie hoch im Kurs steht. 😀

  4. @ AD

    Natürlich hat man in dem Alter eine gefestigte Meinung. Heute eine. morgen eine und übermorgen auch eine. Aber in dem Moment, in dem man sie hat, ist sie immer sehr gefestigt.

    • A. D. schrieb:

      @Bill,
      ^^das ist natürlich wahr. Aber ich glaube, was Jugendliche in dem Alter nicht mit Argumenten untermauern können, machen sie mit Radikalität wett. Den Brief der Schülerin fand ich aber sehr fundiert – aber vielleicht bin ich auch auf einer Entwicklungsstufe stehen geblieben und verwechsle immer noch Radikalität mit fundierter Argumentation. 😉 ..
      Gruß

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